Das Abstinenzgebot für Ärzte beschreibt in einigen Berufsordnung der Landesärztekammern jene Pflicht von Medizinern, eine professionelle Distanz und Enthaltung von persönlichen Beziehungen zu ihren Patienten aufrechtzuerhalten. Die ethische Richtlinie steht im engen Zusammenhang mit § 174c des Strafgesetzbuchs, das den sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses behandelt. Dieser Paragraf bezieht sich auf Fälle, in denen Ärzte, aber auch Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Krankenpfleger und dergleichen, ihre Position und das dadurch entstehende Vertrauen ausnutzen, um sexuelle Handlungen gegen den Willen des Betroffenen durchzuführen — und sich somit strafbar machen.
Doch wie sieht es bei einer einvernehmlichen körperlichen Liebesbeziehung zwischen Arzt und Patient aus? Auch das kann unter Strafe gestellt werden, solange das Behandlungsverhältnis weiterhin besteht. Je nach berufsrechtlichen Vorgaben dürfen Ärzte im Umgang mit Patienten weder sexuelle Kontakte dulden noch aufzunehmen, selbst wenn diese auf Gegenseitigkeit beruhen oder außerhalb der Behandlungssituation und Praxisräume stattfinden.
Juristischer Beistand bei Anschuldigungen nach § 174c
Sollten Sie mit einem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs oder der Vergewaltigung durch Sie als Arzt konfrontiert werden, ist eine rechtliche Unterstützung unerlässlich. Als kompetente Anwältin helfe ich Ihnen bei Beschuldigungen des Verstoßes gegen das Abstinenzgebot für Ärzte dabei, Ihr Recht durchzusetzen und größeren Schaden, wie ein Berufsverbot (nach § 70 StGB) oder den Widerruf Ihrer Approbation, zu verhindern.
Warum kann eine Arzt-Patienten-Beziehung problematisch werden?
Das Abstinenzgebot für Ärzte soll die Schutzbedürftigkeit von Patienten in Behandlungsverhältnissen betonen und das dem Arzt entgegengebrachte Vertrauen sichern. Indem Personen in Heilberufen persönliche Beziehungen mit ihren Patienten vermeiden, soll außerdem gewährleistet werden, dass medizinische Entscheidungen objektiv, unvoreingenommen und mit Fokus auf das Wohl des zu Behandelnden erfolgen. Auch die Integrität der medizinischen Praxis und damit eine faire Behandlung aller Patienten gilt es zu bewahren.
Selbst einvernehmlicher Sex oder körperliche Beziehungen, die von den Patienten initiiert worden sind, bergen rechtlich bereits ein hohes Risiko für Ärzte. Der Gesetzgeber geht im Rahmen medizinischer Behandlungen davon aus, dass die beiden Parteien nicht „auf Augenhöhe“ stehen. Vielmehr verfüge der Arzt sowohl über die Autorität als auch eine besondere Vertrauensposition, welche bei sexuellen Handlungen ausgenutzt werden. Selbst bei gegenseitig gewolltem Sex oder einer Liebesbeziehung können nachträglich — häufig nach dem Ende der Liebschaft — aus Wut oder Rache Missbrauchsvorwürfe aufkommen, bei denen sich der Arzt unter „Ausnutzung des Behandlungsverhältnisses“ strafbar macht. Auch wenn der private Kontakt außerhalb der eigentlichen Behandlungssituation stattgefunden hat.
Unter welchen Bedingungen sind Liebesbeziehungen zwischen Ärzten und Patienten möglich?
Eine klare Situation ergibt sich, wenn die Liebesbeziehung zwischen Arzt und Patient schon vor Beginn der medizinischen Behandlung bestand. In diesem Fall kommt es nicht zur Verletzung des Abstinenzgebots im Arzt-Beruf. Ärzten und anderen Personen in Heilberufen steht es frei, ihre Ehe- oder Lebenspartner ohne rechtliche Konsequenzen zu behandeln.
Aber: Auch in jenen Fällen, in denen plausibel bewertet werden kann, dass sich Arzt und Patient geistig und intellektuell auf Augenhöhe befinden, ist die „Abhängigkeit“ des Patienten fraglich und der Verstoß muss nicht angenommen werden. So geschehen bei einem Beispiel aus der Rechtsprechung, bei dem eine Rechtsanwältin eine Liebesbeziehung mit ihrem Arzt eingegangen ist. Gegen die Abhängigkeit bzw. Ausnutzung des Vertrauensverhältnisses kann grundsätzlich in allen Fachrichtungen argumentiert werden, wobei es im Bereich Psychotherapie diesbezüglich verschärfte Einschränkungen gibt.
Folgen bei Verletzung des Abstinenzgebots
Die Strafe für sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses — bzw. allein für den Versuch — kann erheblich sein, da sie die Verletzung des Vertrauens und der Integrität einer schutzbedürftigen Person anprangert und ahndet. Wird nach § 174c StGB ein Strafverfahren eingeleitet, droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Bereits eine Beschwerde und dem sich daraus ergebenden Verdacht kann für beschuldige Personen in Heilberufen ein Rufschaden entstehen, der die eigene Karriere gefährdet. Kommt es zu einer strafrechtlichen Verurteilung, können berufsrechtliche Konsequenzen drohen, etwa der Widerruf der Approbation.
Inwiefern das Gericht letztendlich von einer Ausnutzung des Behandlungsverhältnisses oder einem absoluten Abstinenzgebot für Ärzte als Voraussetzung ausgeht, ist neben den Umständen der körperlichen Beziehung zwischen Arzt und Patient ebenfalls von den möglichen Ansatzpunkten in der Verteidigung abhängig. Private Kontakte — wie Liebesbeziehungen und einvernehmlicher Sex zwischen Arzt und Patient — befinden sich sowohl ethisch als auch rechtlich betrachtet in einer Grauzone. Inwiefern eine „Einvernehmlichkeit“ im Arzt-Patienten-Verhältnis existieren kann, ist die zentrale Frage in der Rechtsprechung, die bisweilen im Einzelfall uneinheitlich bleibt.
Aus dem Grund sollten Sie bei Vorwürfen im Bereich Medizinstrafrecht unverzüglich eine Strafverteidigung hinzuziehen und folglich auch Ihre Approbation von einem Anwalt mit Spezialisierung auf das Berufsrecht verteidigen lassen!
Anne Patsch: Ihre erfahrene Anwältin für Medizinrecht und Sexualstrafrecht
Wenn Sie in einem Heilberuf tätig sind, schützen Sie sich am besten präventiv, indem Sie vor dem privaten Kontakt zu einem Patienten die entsprechende Behandlung an einen anderen Arzt abgeben. Sollten Sie in Folge eines Verstoßes gegen das Abstinenzgebot für Ärzte mit Missbrauchs- oder Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert sein, nehmen Sie unverzüglich die Unterstützung eines kompetenten Strafverteidigers in Anspruch. Zögern Sie nicht, Kontakt zu mir aufzunehmen, um von meiner Expertise im Sexualstrafrecht und Medizinrecht zu profitieren.
Als Anwältin im Medizinstrafrecht verfüge ich über Verteidigungsansätze, mit denen wir schon am Anfang des Ermittlungsverfahrens gegen ein Berufsverbot und den Entzug der Approbation vorgehen. Ich empfehle Ihnen, nicht auf die Vorladung der Polizei zu reagieren. Stattdessen werde ich an die Polizei schreiben, dass Sie der Vorladung nicht Folge leisten und von Ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen. Erst nach einer sorgfältigen Prüfung der belastenden Aussagen werden wir uns ausführlich zu den Beschuldigungen äußern.