Berufsgerichte und Sanktionen

Berufsgericht für Heilberufe

Entsprechend verfügt jedes Bundesland über jeweils ein Berufsgericht für die Heilberufe; beispielsweise ist in Hessen das Verwaltungsgericht Gießen Sitz des erstinstanzlichen „Heilberufsgerichts“ für Hessen mit Berufungsinstanz beim Verwaltungsgerichtshof Kassel.

Die Heilberufskammern unterliegen der Rechtsaufsicht meist dem Landesministerium für Gesundheit; jedoch nicht der Fachaufsicht der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde. Dies bedeutet, die Aufsichtsbehörde prüft die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Heilberufskammer, sog, Rechtsaufsicht; nicht aber deren Zweckmäßigkeit (Fachaufsicht).

Aufgabe des Berufsgerichts ist die Sanktionierung möglicher berufsunwürdiger Handlungen auf Antrag der jeweiligen Landesärztekammer.

Länderspezifisch ist das Berufsgericht beim Verwaltungsgericht, beim Zivil- oder Strafgericht oder bei der Ärztekammer selbst angegliedert. Vorsitzender ist immer ein Jurist.

Berufsgericht: Sanktionen

Das jeweilige Heilberufs-Kammergesetze regelt die jeweiligen Sanktionsmöglichkeiten gegenüber einem Kammermitglied bei strafrechtlich relevanten sowie nicht strafrechtlich relevanter Vorwürfen.

Denkbare berufsgerichtliche Konsequenzen sind möglich von einer bloßen Verwarnung, Rüge oder Bußgeld bis hin zum Verlust der Approbation und damit einhergehend Feststellung der Berufsunwürdigkeit.

Voraussetzung jeglicher Sanktion durch das Berufsgericht ist eine berufsunwürdige Handlung.

Dies können auch bereits nicht-strafrechtlich relevante Verstöße gegen die Berufsordnung sein wie etwa Wettbewerbsverstöße – bei Apothekern beispielsweise der Verstoß gegen die Preisbindung verschreibungspflichtiger Medikamente durch Werbegaben oder unberechtigtes Führen einer Facharztbezeichnung, unhygienische Zustände in Behandlungsräumen, unkollegiales Verhalten oder die verspätete Abgabe von Gutachten oder Befundberichten.

Oder insbesondere auch Verstöße durch auch strafrechtlich relevantes Handeln im beruflichen wie auch privaten Bereich.

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Insbesondere drohen berufsrechtliche Sanktionen entsprechend des jeweiligen Heilberufe-Kammergesetzes bei einem strafrechtlich relevanten Vorwurf im Zusammenhang mit der Berufsausübung. Und damit etwa bei dem Vorwurf sexueller Missbrauch unter Ausnutzung des Behandlungsverhältnisses, bei dem Vorwurf von Abrechnungsverstößen, Behandlungsfehlern, bei dem Vorwurf der Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht oder dem Vorwurf der Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse.

Vorwurf einer Straftat durch die Polizei/ Staatsanwaltschaft

Zugleich indes auch dann, wenn gegen Sie im privaten Bereich der Vorwurf einer Straftat durch die Polizei/ Staatsanwaltschaft erhoben wurde – etwa wegen einer angeblichen Unfallflucht oder Trunkenheitsfahrt; oder dem Vorwurf eines Sexualdelikts, das Sie im privaten Bereich angeblich begangen haben sollen. Insbesondere also bei dem Vorwurf sexueller Missbrauch von Kindern, Vergewaltigung oder Besitz/ das Verbreiten von Kinderpornographie.

Gleichzeitig können auch leichtere Delikte wie der Vorwurf einer Beleidigung das berufsrechtliche Verfahren auslösen.

Neben/ nach dem „normalen“ Strafverfahren kommt es daher also in aller Regel wegen derselben Angelegenheit zusätzlich zu einem Verfahren vor dem Berufsgericht.

  • Sanktionsmöglichkeit: Widerruf der Approbation

    Der Widerruf der Approbation als Arzt, Apotheker oder Psychotherapeut stellt die am meisten einschneidende Sanktion sowie Eingriff in die im Grundgesetz garantierte Berufsfreiheit dar (Art. 12 I 1 GG). Als belastender Verwaltungsakt ist sie nur dann rechtmäßig, wenn sie im konkreten Einzelfall „geeignet, erforderlich und angemessen“ ist, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu schützen.

    Dies ist als zwingendes Recht ohne jeglichen Ermessensspielraum dann der Fall, wenn der Arzt, Apotheker oder Psychotherapeut sich eines Verhaltens schuldig gemacht haben soll, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des seines Berufs ergibt.

    Das jeweilige Berufsgericht kann – als gravierendste Sanktion- die Berufsunwürdigkeit eines Kammermitglied aussprechen.

    Grundlegend für alle Fragen rund um den Widerruf der Approbation als Arzt sind zwei Vorschriften der BÄO; vergleichbare Vorschriften finden sich für Apotheker in § 2 ApoG, § 3 PsychThG sowie für Zahnärzte § 4 As.2 ZHG.

    § 3 I S.1 Nr. 2 BÄO, der für die Erteilung der Approbation als Arzt verlangt, dass der Antragssteller „sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt“.

    Und § 5 II S. 1 BÄO, wonach „Die Approbation zu widerrufen (ist), wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 I Satz 1 Nr. 2 weggefallen ist“; mithin dem Arzt ein Verhalten vorgeworfen wird, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt.

    Zentral sind also die beiden Tatbestandsmerkmale der Unzuverlässigkeit und der Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufs.

  • Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs

    Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs bedeutet den Verlust des mit dem Arztberuf einhergehende Ansehen und Vertrauen in der Gesellschaft aufgrund begangener Straftaten, selbst wenn diese ausschließlich im privaten Bereich erfolgt sind. Relevant sind hier insbesondere Sexualstraftaten und Betrug.

  • Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs

    Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs liegt dann vor, wenn bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens gewichtige Anhaltspunkte erwarten lassen, dass der Arzt aufgrund seiner Gesamtpersönlichkeit für die Zukunft seinen Berufspflichten nicht mehr nachkommen wird.

  • Ablauf des Verfahrens beim Berufsgericht

    Auf Antrag der zuständigen Landesärztekammer auf auf Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens wegen eines Verstoßes gegen die jeweilige Vorschrift des Heilberufsgesetzes des jeweiligen Bundeslandes in Verbindung mit § 2 Abs. 2 der Berufsordnung (BO).

    Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ärztekammer die ihr verfügbar höchste Sanktion - die Rüge mit Ordnungsgeld – als nicht ausreichend angesehen wird.

    Und ebenfalls dann, wenn das von der Ärztekammer sanktionierte Kammermitglied mit der Sanktion nicht einverstanden ist und Widerspruch hiergegen einlegt. In diesen Fällen prüft das Berufsgericht Rechtmäßigkeit die Sanktion – zumeist die Rüge mit Ordnungsgeld- der Kammer; kommt es zu dem Ergebnis, dass die Sanktion der Kammer zu Recht erfolgte, bestätigt es diese.

    Das Berufsgericht ist je nach Bundesland bei dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht, Strafgericht oder Zivilgericht angebunden; den Vorsitz hat immer ein Berufsrichter inne; beisitzende Richter sind jeweils zwei Kammerangehörige, also ebenfalls Berufsträger. Je nach Bundesland werden sie von der Landesärztekammer vorgeschlagen und durch das Verwaltungsgericht – bzw. Straf- oder Zivilgericht- bestellt.

    Verhandelt wird vor dem Berufsgericht in der Regel nach den Vorschriften der Strafprozessordnung.

    Anklagevertreter vor dem Berufsgericht ist der von der jeweiligen Ärztekammer beauftragte Mitarbeiter.

    Prozessgegenstand hierbei ist einzig derjenige Sachverhalt, der in einem zumeist vorangegangenen Strafverfahren noch nicht erfasst wurde (sog. „berufsrechtlichen Überhang“).

    Nach Plädoyer des Anklagevertreters sowie des Verteidigers ergeht ein Urteil – im ungünstigen Fall dahingehend, dass die Verletzung der allgemeinen Berufspflichten, nach § 2 Absatz 2 der Berufsordnung, also der Generalklausel zur gewissenhaften Berufsausübung, für erwiesen ansieht.

    Das Berufsgericht kann – mit zunehmender Eskalationsstufe- als Sanktion auf unterster Stufe eine Warnung, einen Verweis oder die Entziehung des passiven Berufswahlrechts (Kammerwahl) aussprechen; ferner eine Geldbuße bis zu EUR 50 000 verhängen oder – das ist die gravierendste Sanktion- die Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs festzustellen Mithin die Grundlage des Entzugs der Approbation durch die Aufsichtsbehörde (in der Regel das Regierungspräsidium), die den Entzug der Approbation in eigenem Ermessen sodann auch umsetzt.

    Auch hier bestünden also noch anwaltliche Einflussmöglichkeiten, um diesen letzten Schritt noch abzuwenden.

    Maßgebliche Kriterien für die Art und Höhe der ausgeurteilten Sanktion sind neben der Schwere des Vorwurfs etwa die Frage, ob sich der dem berufsrechtlichen Verfahren gegenständliche Vorwurf im beruflichen oder im privaten Bereich des betroffenen Arztes ereignet hat; ferner, ob die Solidargemeinschaft hierdurch einen Schaden erlitt sowie, ob der Arzt zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung berufstätig ist.

  • Disziplinarverfahren; Zulassungsentziehungsverfahren der KV

    Sind Sie Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung – als niedergelassener Arzt, der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, als ermächtigter Krankenhausarzt oder als angestellter Arzt in einem MVZ, kann neben dem berufsrechtlichen und/oder strafrechtlichen Verfahren ein Disziplinarverfahren der KV folgen. So etwa nach strafrechtlichen Verurteilungen aufgrund eines im Rahmen der Berufsausübung begangenen Vermögensdeliktes, insbesondere bei dem Vorwurf Abrechnungsbetrug.

    Denn neben den Ärztekammern haben die KVen eigene Disziplinarbefugnisse beim Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten.

    Vor der jeweiligen KV stellen sich sonach Disziplinarverfahren wegen möglichen Verstößen gegen das Vertragsarztrecht.

    Daneben stellen sich Entziehungsverfahren der vertragsärztlichen Zulassung, wenn die KV davon ausgeht, dass ein Vertragsarzt aus gesundheitlichen Gründen die vertragsärztliche Versorgung nicht sicherstellen könne. Oder aus anderen Gründen zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeignet sei – z.B., wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragsstellung drogen- oder alkoholabhängig gewesen sein soll.

    Die Disziplinarverfahren der Kassenärztlichen Vereinigung haben mögliche Verstöße gegen die vertragsärztliche Pflicht zum Gegenstand. So etwa bei der Verweigerung einer Behandlung gegenüber einem Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, bei Verstoß gegen die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung bei den IGeL, also den medizinischen Leistungen, die der Kassenpatient selbst bezahlen muss (Individuelle Gesundheitsleistungen), bei Plausibilitäts- und Strafverfahren sowie Wirtschaftlichkeitsprüfungen; bei Verstoß gegen die Präsenzpflicht, Verstoß gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung oder die Fortbildungspflicht, Verstoß gegen die Pflicht zur Teilnahme am Notdienst und/oder die Pflicht zur ordnungsgemäßen Dokumentation.

    Weiter können Disziplinarverfahren Folge von Patientenbeschwerden zu den Kammern oder Berufsverbänden -etwa wegen langer Wartezeiten auf einen Untersuchungstermin (Verstoß gegen die vertragsärztliche Pflicht durch Nichtbehandlung von GKV-Patienten) sein.

    Oder wegen angeblicher Doppelabrechnung, die der Patient bereits als IGeL beglichen habe.

    Die Sanktionierungsmöglichkeiten der Disziplinarausschüsse der Kassenärztlichen Vereinigungen ergeben sich aus der Disziplinarordnung der jeweiligen KV (Satzung).

    Denkbare Sanktionen reichen von Verwarnung, Verweis, Geldbuße, dem Ruhen der Zulassung bis zu maximal 2 Jahren (vgl. § 81 Abs. 5 SGB V) sowie dem Zulassungsentziehungsverfahrens bei schwerwiegenderen Verstößen.

    Über entsprechende Maßnahmen und Sanktionen entscheidet der Disziplinarausschuss in mündlicher Verhandlung durch schriftlichen Bescheid.

    In derartigen Fällen sollten wir dringend Einsicht in das Arztregister sowie in die Ihre Person betreffenden Registerakten nehmen, um zu prüfen, ob die KV denn überhaupt von zutreffenden Sachverhalten als Grundlage der Disziplinarmaßnahme ausgeht. Und gegen einen negativen Bescheid des Disziplinarausschusses Klage zum Sozialgericht erheben.

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Enge Verzahnung Berufsrecht und Strafrecht

Wesentlicher Grund dafür, dass die anwaltliche Vertretung im Berufsrecht und in der „normalen“ Strafverteidigung Hand in Hand gehen (müssen), wenn sie erfolgreich sein wollen, liegt darin, dass das jeweilige Berufsgericht bzw. die jeweilige Approbationsbehörde die Strafakte im Wege des Urkundenbeweises verwerten dürfen.

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