Doppelbestrafung

Werden Sie bei dem Vorwurf einer Straftat durch das zusätzliche berufsgerichtliche Verfahren doppelt bestraft? Entgegen dem Grundsatz „ne bis in idem“ (Verbot der Doppelbestrafung)?

Tatsächlich ist dies leider zumeist der Fall. Jedenfalls immer dann, wenn das Berufsgericht den sog. „beruflichen Überhang“ bejaht; mithin davon ausgeht, dass der berufsrechtliche Unrechts- und Schuldgehalt der Anlass-Tat gravierender als der rein strafrechtlichen Unrechts- und Schuldgehalt hinausgeht.

Ob und wann das Berufsgericht indes den „beruflichen Überhang“ bejaht, ist eine Frage des Einzelfalls; hier können selbst die Berufsgerichte uneins sein – so wie in einem Fall, in dem die Staatsanwaltschaft einem Facharzt für Allgemeinmedizin sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung des Patientenverhältnisses gem. § 174 c StGB wegen (einvernehmlicher!) sexueller Kontakte mit einer Patientin vorgeworfen hatte.

Während hier das Berufsgericht der Auffassung war, dass die Angelegenheit nach Zahlung einer erheblichen Geldauflage keiner weiteren Sanktion bedürfe, bejahte auf Betreiben der in diesem Fall zuständigen Landesärztekammer das Landes-Berufsgericht den beruflichen Überhang.

Kriterien für die Annahme des beruflichen Überhangs

Die Kriterien sind für die Berufsgerichte insbesondere die Nähe der Straftat zum Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit sowie die Art und Schwere der vorgeworfenen Straftat.

Argumentiert wird hier insbesondere auch mit generalpräventiven Gründen, um weitere Berufsträger von der Begehung der entsprechenden Straftat abzuhalten.

Darüber hinaus entspricht es sogar der Erfahrung, dass der berufsrechtliche Überhang gerade dann bejaht wird, wenn der betroffene Arzt im Strafverfahren die gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe erfolglos bestreitet.

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Verbot der Doppelbestrafung verfassungsrechtlich zulässig?

Zwar ist der Grundsatz „ne bis in idem“ (lat.: „nicht zweimal in derselben Sache“) eine zentrale straf- prozessuale, im Grundgesetz, Art. 103 GG, verankerte Verfahrensgarantie, wonach niemand wegen derselben Handlung zweimal bestraft werden darf.

Indes hat das Bundesverfassungsgericht das Verbot der Doppelbestrafung für die berufsgerichtlichen Verfahren als nicht anwendbar erklärt.

Vielmehr handele es sich bei Strafverfahren berufsgerichtlichen Verfahren – so die Begründung des Bundesverfassungsgerichts- um Sanktionswege „unterschiedlicher Zielrichtung.“

Denn entgegen des für alle der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegenden Personen „Strafzwecks“ der Spezialprävention (den jeweiligen Täter von der Begehung weiterer Strafen abzuhalten) sowie der Generalprävention (andere mögliche Täter durch die Strafandrohung von der Begehung von Straftaten abzuhalten) ist die Zielsetzung des berufsgerichtlichen Verfahrens eine völlig andere.

Zielsetzung des berufsgerichtlichen Verfahrens

Vielmehr ist Zielsetzung des berufsgerichtlichen Verfahrens, das Ansehen des jeweiligen Berufsstandes in der Öffentlichkeit sowie das Vertrauen der Bevölkerung in die ordnungsgemäße Berufsausübung der Kammerangehörigen zu wahren. Entsprechend ist Gegenstand des berufsgerichtlichen Verfahrens auch einzig der sog. „berufsrechtliche Überhang“.

Das Berufsgericht kann eine Sanktion also tatsächlich dann verhängen, wenn es mit der zuständige Landesärztekammer nach entsprechender Kenntniserlangung durch die Staatsanwaltschaft oder eine Patientenbeschwerde im konkreten Fall vom Bestehen eines beruflichen Überhangs ausgeht. Aus Sicht des Berufsgerichts der berufsrechtliche Unrechts- und Schuldgehalt der Straftat über den strafrechtlichen Unrechts- und Schuldgehalt hinausgeht.

Neben dem strafrechtlichen Urteil ist ein berufsgerichtliches Verfahren also immer dann zulässig, wenn ein berufsrechtlicher Überhang besteht

Auch Disziplinarverfahren neben dem Strafverfahren?

Verfügen Sie als Mitglied einer KV (Kassenärztlichen Vereinigung) zudem über eine sog. „Kassenzulassung“, drohen zudem Sanktionen wegen dem Vorwurf eines etwaigen Verstoßes gegen die Regelungen des Vertragsarztrechts.

Denn auch in der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen neben den Sanktionen im Strafverfahren sieht die Rechtsprechung keinen Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung.

Dies mit der Begründung, dass mit dem Strafverfahren einerseits und dem Disziplinarverfahren andererseits unterschiedliche und einander „nicht ausschließende Rechtskreise“ betroffen seien, indem das Disziplinarverfahren keinen repressiven Charakter habe.

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Landesärztekammer und Berufsverbände

Landeskammer, Bezirksverband, Kreisverband – tatsächlich existiert auf den ersten Blick in jedem Bundesland eine fast unüberschaubare Anzahl der -jeweils eigenständigen- verschiedenen Körperschaften des Öffentlichen Rechts.

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