Fahrlässige Tötung durch einen Arzt

Der Vorwurf einer vorsätzlichen Tötung dürfte kaum ernsthaft gegen Sie als Arzt erhoben werden. Denkbar ist hier einzig, dass Angehörige Ihres vormaligen Patienten zumeist in ihrer ersten Hilflosigkeit bei der Trauer um einen Angehörigen den Vorwurf eines Tötungsdelikts gegen Sie erheben. Dies dann zumeist im Zusammenhang mit dem Vorwurf (aktiver) Sterbehilfe im Bereich der Palliativmedizin und insbesondere dann, wenn Sie als Onkologe, Facharzt für Anästhesie und Schmerzmedizin, als fürsorglicher Allgemeinmediziner oder Hausarzt oder auf einer Intensivstation als Arzt oder Gesundheits- oder Krankenpfleger arbeiten.

Naheliegender ist es, dass Sie sich dem Vorwurf einer fahrlässigen Tötung durch Sie als Arzt ausgesetzt sehen. Fahrlässig handelt, wer bestehende Sorgfaltspflichten verletzt. Als Arzt kann dies beispielsweise bedeuten, dass ein Fehler bei der Diagnose, Behandlung oder Überwachung eines Patienten zu dessen Tod führt.

Rechtsbeistand bei Vorwürfen nach § 222 (StGB)

Im Medizinstrafrecht ist es entscheidend, dass der Verteidiger die entsprechenden Sorgfaltspflichten kennt und beurteilen kann, ob diese verletzt wurden. Denn oft stellen diese Sorgfaltspflichtverletzungen den Schwerpunkt der strafrechtlichen Würdigung dar.

Als Ihre Rechtsanwältin im Medizinrecht und Strafrecht werde ich Sie beim Vorwurf der fahrlässigen Tötung gegen Sie als Arzt durch diesen Prozess begleiten und sicherstellen, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben.

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Objektive Sorgfaltspflichtverletzung als Schlüsselvoraussetzung der Strafbarkeit

Maßstab für die anzuwendende Sorgfalt ist der sogenannte Facharztstandard. Die Behandlung muss sich hiernach zum Behandlungszeitpunkt mit den damals geltenden Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft, insbesondere der jeweiligen Fachbereiche, in Einklang befunden haben.
Dieser Maßstab gilt aber nicht nur für Fachärzte. Grundsätzlich schuldet jeder (angehende) Arzt den Facharztstandard (vgl. § 630a II BGB), damit der Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch einen Arzt nicht bestätigt werden kann. So haben auch Assistenzärzte eine Behandlung entsprechend dem Facharztstandard sicherzustellen

Es kann schwierig sein, unter der Fülle an verfügbarer Literatur den Facharztstandard zu ermitteln. Anhaltspunkte bieten daher Richtlinien oder gängige Lehrbücher. Im Zweifel wird diese Frage im Rahmen eines Strafprozesses durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen beantwortet. Es ist für eine effektive Verteidigung daher entscheidend, dass Ihr Verteidiger vertiefte Kenntnisse auf dem Gebiet des Medizinstrafrechts vorweisen kann.

 

Ärztliche Therapiefreiheit als Öffnung des Sorgfaltsmaßstabs

Dieser (strenge) Facharztstandard wird in denjenigen Fällen aufgeweicht, in denen mehrere Behandlungswege vertretbar erscheinen. Im Rahmen der Therapiefreiheit kann daher unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände entschieden werden, welches Vorgehen am ehesten Erfolg verspricht. So können etwa nach Ausschöpfung konventioneller (erfolgloser) Therapien Neuland- oder Außenseitermethoden angewandt bzw. Medikamente Off-Label verabreicht werden, soweit diese im Hinblick auf das Behandlungsziel nicht völlig ungeeignet erscheinen. Erforderlich ist hierfür aber stets eine umfassende Aufklärung, um die Patientenautonomie zu wahren.

Als Behandler können Sie mit dem Patienten außerdem einen vom Facharztstandard abweichenden, individuellen Behandlungsstandard vereinbaren (vgl. § 630a II BGB). Hierüber müssen Sie den Patienten umfassend aufklären.

Fahrlässige Tötung durch Ärzte im Strafrecht: Fallgruppen der Sorgfaltspflichtverstöße

Mit der Zeit haben sich die folgenden Fallgruppen herausgebildet, die verallgemeinernd Sorgfaltspflichtverstöße beschreiben und Ursache für eine fahrlässige Tötung durch einen Arzt darstellen können:

  • Übernahmeverschulden (Behandlungsübernahme ohne ausreichende Kenntnisse oder Fähigkeiten)
  • Befunderhebungsfehler
  • Diagnosefehler
  • Aufklärungsmängel
  • unzureichende Auswahl und Durchführung von Behandlungsmaßnahmen
  • Organisationsfehler (Fälle der Arbeitsteilung)

Mein Name ist Anne Patsch und ich bin Ihre erfahrene Anwältin für Medizinstrafrecht. Als Fachanwältin betreute ich Ärzte, Psychotherapeuten, Heilpraktiker und Physiotherapeuten, die mit strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert sind. Kontaktieren Sie meine Kanzlei für Medizinrecht und Strafrecht, um einen persönlichen Termin zu vereinbaren!

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  • Übernahmeverschulden

    Soweit der Behandler nicht über die ausreichenden theoretischen Kenntnisse oder praktischen Fähigkeiten verfügt, darf er eine Behandlung nur unter Hinzuziehung einer fachkundigen Person übernehmen. Andernfalls sollte der Patient an einen entsprechenden Facharzt verwiesen werden. Dies folgt unmittelbar aus dem Facharztstandard, der ohne ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten nicht erreicht werden kann.

  • Befunderhebungs- und Diagnosefehler

    Wird eine Diagnose nicht gestellt, weil von den Diagnostikstandards abgewichen wird, stellt dies einen Sorgfaltspflichtverstoß dar und kann zur fahrlässigen Tötung durch einen Arzt führen. Nicht verwechseln darf man den Diagnosefehler aber mit der Fehldiagnose. Da die Auswertung von Befunden weitestgehend standardisiert ist, kann im Einzelfall auf Grundlage dieses Vorgehens eine Fehldiagnose ergehen. Dies kann aber noch im Rahmen des Vertretbaren liegen.
    Fehler können hier im Rahmen der Befunderhebung oder der Befundinterpretation vorkommen. So stellt etwa eine verzögerte Befunderhebung einen Standardverstoß dar.

  • Aufklärungsmängel

    Als Behandler sind Sie dazu verpflichtet, Ihre Patienten über alle relevanten Umstände der Behandlung aufzuklären. Das kann etwa typische Behandlungsrisiken, aber auch die Qualifizierung als Neuland- oder Außenseitermethode betreffen. Verstöße gegen diese Aufklärungspflichten können einen Sorgfaltspflichtverstoß begründen.

  • Unzureichende Auswahl und Durchführung von Behandlungsmaßnahmen

    Hinsichtlich der Auswahl und Durchführung von Behandlungsmaßnahmen gibt es eine Fülle an Beispielen für Sorgfaltsverstöße, die zum Tod eines Patienten führen können. So zählen hierzu etwa:

    • das Vergessen von Operationsmaterial im Körper
    • eine zu hohe Strahlendosis im Rahmen einer Strahlentherapie
    • Amputation der falschen Gliedmaße
    • Über- oder Unterdosierung von Medikamenten
    • Unterlassen bzw. Versäumnis, eine medizinisch erforderliche Handlung durchzuführen

    Letztlich bedarf es einer genauen Einzelfallprüfung, sodass Verallgemeinerungen nur schwer vorgenommen werden können.

  • Organisationsfehler

    Wo viele Menschen zusammenarbeiten, besteht immer die Gefahr, dass der Informationsfluss zwischen den Beteiligten nicht ausreichend sichergestellt ist. Daher gibt es mittlerweile eine ganze Reihe an Anforderungen und Differenzierungen hinsichtlich der geltenden Standards bei Arbeitsteilung, um eine fahrlässige Tötung durch Ärzte zu vermeiden. Man unterscheidet hierbei zwischen zwei Arten der Arbeitsteilung:

    • horizontale Arbeitsteilung (etwa Fachärzte unterschiedlicher Bereiche)
    • vertikale Arbeitsteilung (Wissensgefälle, etwa Oberarzt/Assistenzarzt oder Oberarzt/Pflegefachkraft)

    Ausgangspunkt der strafrechtlichen Bewertung von Fällen der Arbeitsteilung ist der sogenannte Vertrauensgrundsatz. Als Behandler dürfen Sie grundsätzlich darauf vertrauen, dass Kollegen oder medizinisches Personal entsprechend ihrer Befähigung handeln.

    Horizontale Arbeitsteilung

    Sie dürfen im Rahmen der horizontalen Arbeitsteilung darauf vertrauen, dass der Facharztkollege eines anderen Fachbereichs standardgemäß behandelt hat. So dürfen Sie etwa als Allgemeinmediziner auf die Richtigkeit eines radiologischen Befunds vertrauen, selbst wenn dieser tatsächlich hinter dem Facharztstandard zurückbleibt. Erst wenn konkrete Anhaltspunkte für Arbeitsmängel eines Kollegen bestehen, besteht eine Kontroll- oder gar eine Interventionspflicht.

    Gerade bei komplexen Krankheitsbildern erfolgt meist eine fachbereichsübergreifende Behandlung. In derartigen Fällen ist es wichtig, die entsprechenden Fach- und Verantwortungsbereiche abzugrenzen. Allerdings treffen alle Beteiligten gemeinsame Sorgfaltspflichten. So müssen Auffälligkeiten mitgeteilt werden. Nur so ist eine medizinische Beurteilung aus der Sicht aller beteiligten Fachbereiche sichergestellt.

    Vertikale Arbeitsteilung

    Vertikale Arbeitsteilung betrifft Fälle der Delegation. Als Behandler treffen Sie hier Auswahl- und Überwachungspflichten. Wichtig ist immer, dass Aufgaben tatsächlich delegierbar sind. Haben Sie die unterwiesenen Personen besonnen ausgewählt, dürfen Sie darauf vertrauen, dass diese entsprechend ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten arbeiten.

    Sollten bei medizinischem Personal Kenntnislücken oder nur unzureichende praktische Fähigkeiten vorliegen oder im weiteren Verlauf deutlich werden, treffen Sie Überwachungs- und Informationspflichten. So sind etwa Pflegefachkräfte in Ausbildung in neue Behandlungsmethoden theoretisch einzuführen und entsprechende Anweisungen zu erteilen. Erstmalige Eingriffe am menschlichen Körper (etwa im Rahmen der fachärztlichen Weiterbildung im Bereich der Chirurgie) dürfen nur unter Beisein eines qualifizierten Facharztes durchgeführt werden, der im Zweifel eingreifen kann.
    Soweit diese Sorgfaltspflichten eingehalten wurden, kann Ihnen grundsätzlich kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden.

Strafen & strafrechtliche Folgen bei fahrlässiger Tötung durch den Arzt

Unter deutschem Recht wird fahrlässige Tötung gemäß § 222 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe bestraft. Zudem können bei einer fahrlässigen Tötung durch einen Arzt gemäß Strafrecht auch berufsrechtliche Konsequenzen drohen, etwa kann nach § 70 StGB ein Berufsverbot verhängt werden.

 

Außerstrafrechtliche Folgen

Neben den strafrechtlichen Folgen drohen bei einer fahrlässigen Tötung durch den Arzt oftmals auch außerstrafrechtliche Sanktionen, die nicht selten die Existenz der Betroffenen gefährden. So kommt nach rechtskräftiger Verurteilung durch ein Strafgericht ein Approbationswiderruf gem. § 5 II 1 i.V.m. § 3 I Nr. 2 BÄO bzw. der Entzug der ärztlichen Zulassung in Betracht. Bereits während des laufenden Strafverfahrens kann gem. § 6 I 1 Nr. 1 BÄO das Ruhen der Approbation angeordnet werden.

Kassenärzten drohen Disziplinarverfahren und schlimmstenfalls der Entzug der Kassenzulassung. Ebenso sind die Berufsgerichte nach den einschlägigen Landesgesetzen berechtigt, Sanktionen zu erlassen. So können etwa Warnungen ausgesprochen oder empfindliche Bußgelder verhängt werden. Als Anwältin unterstütze ich bei Vorwürfen, die das Berufsrecht von Ärzten, Therapeuten oder Heilpraktikern betreffen.

Anne Patsch: Erfahrene Strafverteidigung im Medizinrecht und Strafrecht

Die Verteidigung gegen den Vorwurf einer fahrlässigen Tötung durch einen Arzt erfordert spezifische Kenntnisse auf dem Gebiet des Medizinrechts. Ohne die zivilrechtlichen Grundlagen des Behandlungsvertragsrechts kann der geltende Sorgfaltsmaßstab allenfalls rudimentär erfasst werden. Nur eine tiefergehende Kenntnis der Einzelfallkasuistik ermöglicht eine erste realistische Einschätzung der Sach- und Rechtslage und damit der Erfolgsaussichten. Zudem weist das Arztstrafrecht enge Verzahnungen mit dem ärztlichen Berufsrecht auf.

Wenn Sie mit dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Sie als Arzt konfrontiert sind, sollten Sie sofort rechtlichen Beistand suchen. Nur so lassen sich Ihre Rechte schützen und eine angemessene Verteidigung gewährleisten. Im Medizinstrafrecht bin ich als Anwältin versiert und stehe Ihnen bundesweit mit meiner Expertise zur Seite. Ich führe Sie durch diesen herausfordernden Prozess, übernehme Kommunikation mit Polizei und Staatsanwaltschaft, verteidige Ihre berufliche Reputation und erziele für Sie das bestmögliche Ergebnis im Verfahren. Treten Sie jetzt mit meiner Kanzlei in Kontakt!

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