Privates nach Beruflichem

Ärztlicher Bezirksverband Niederbayern belässt es nach Beschwerde gegen Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie bei einer Rüge ohne Geldauflage

Mein Mandant, ein Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie war mit der Beschwerde einer vormaligen Patientin konfrontiert. So gab diese gegenüber dem Ärztlichen Bezirksverband an, er habe das langjährige Patientenverhältnis – eine analytische Psychotherapie- für eine anschließende Affäre mit ihr missbraucht und damit gegen das Abstinenzgebot verstoßen. Behauptet hatte sie allerdings, es habe sich um eine tiefenfundierte Psychotherapie gehandelt. Die Psychotherapie habe sie aufgrund ihres chronischen Erschöpfungszustands sowie aufgrund ihrer „Unsicherheit gegenüber Männern“ begonnen. 

Was war geschehen?

Bereits während der Therapie habe man sich geduzt. Dies war zutreffend, da es der Patientin auf diese Weise leichter war, über ihre innere Problematik zu sprechen. Zu beanstanden ist das nicht. Vielmehr gilt die Überzeugung „In der Psychotherapie kommt der systematischen Berücksichtigung und der kontinuierlichen Gestaltung der Therapeut-Patient-Beziehung eine zentrale Bedeutung zu. Eine tragende - je nach Therapieansatz, Symptomatik, Persönlichkeit und Kommunikationsstil des Patienten unterschiedlich ausgestaltete - therapeutische Beziehung ist Voraussetzung für den Therapieerfolg und der wichtigste Wirkfaktor (Holm-Hadulla, in: Senf/Broda (Hrsg.), Praxis der Psychotherapie, 4. Auflage 2007, Kapitel 10, S. 97 ff.). 

Gleiches gilt für den Umstand, dass die Therapie zunächst im Liegen stattfand -was für eine analytische Therapie ohnehin ja üblich ist. Da es phasenweise durch die Sprache allein schlechter gewesen sei, die Patientin zu erreichen, seien teilweise auch körpertherapeutische Elemente in die Therapie eingebaut worden, bei welchen sie sich im Sitzen gegen seine Beine habe lehnen sollen. Die Suche nach Geborgenheit ohne Angst vor Übergriffen haben zu müssen, sei bei der Patientin so stark gewesen, dass sie alle Anzeichen dafür, dass ihr Vertrauen fehl am Platz sein könnte, ausgeblendet habe. Nach der formalen Beendigung der Therapie sei es dann sehr schnell zu einem ersten Besuch des Arztes bei der Zeugin zu Hause und sodann auch zu wiederholtem Geschlechtsverkehr gekommen. Nachdem es ihr in der Folgezeit hiermit zunehmend schlechter gegangen sei, habe sie den Kontakt zu ihm abgebrochen, was er ohne Aussprache nicht habe akzeptieren wollen. 

Unsere Stellungnahme gegenüber dem Ärztlichen Bezirksverband 

In unserer Stellungnahme (Anhörung) zu dem Beschwerdevorbringen stellten wir zunächst etliche von der vormaligen Patientin unrichtig wiedergegebenen Tatschen richtig.  So etwa, dass die Behandlung der Patientin aufgrund der erreichten Obergrenze der genehmigten Stunden die Höchstgrenze einer analytischen Psychotherapie beläuft sich auf 300 Sitzungen- beendet wurde; und insbesondere, dass die Patientin nicht zuletzt aufgrund der langen, intensiven Therapie und erkennbaren Erfolgen der Behandlung stabil war und das Therapieziel sehr erfolgreich erreicht war. 

Weiter erklärten wir – den Tatsachen entsprechend- dass mein Mandant sich in der Folgezeit, nach Beendigung der Psychotherapie, einzig sporadisch nach dem Befinden seiner ehemaligen Patientin erkundigt hatte. Dies, weil sie ihm nach der langen Zeit der Psychotherapie menschlich am Herzen lag. Auf diese Weise entstand zunächst, und mit der Zeit ein regelmäßiger, rein freundschaftlicher Kontakt über Textnachrichten; und kam es zu ersten persönlichen Begegnungen.  

Mit zunehmendem Kontakt verliebte sich mein Mandant aufgrund der nunmehr weiter und auf Augenhöhe und nicht mehr innerhalb des therapeutischen Settings- geführten Gespräche in die Beschwerdeführerin. Es zeigte sich für ihn eine sehr tiefe seelische und geistige Verbundenheit zu der Beschwerdeführerin. Ihm wurde bewusst, dass er für sie aufrichtige Liebe empfand, wobei der sexuelle Aspekt für ihn hierbei zu keinem Zeitpunkt wesentliche Bedeutung hatte. Von einer Affäre“ konnte also keine Rede sein. Vielmehr plante man eine gemeinsame Zukunft; mein Mandant trennte sich einzig aus diesem Grund von seiner langjährigen Ehefrau. Unvermittelt trennte sich die Beschwerdeführerin dann jedoch wenig später von meinem Mandanten; eine Aussprache verweigerte sie. Vielmehr erstattete sie Beschwerde gegen meinen Mandanten wegen des Verstoßes gegen das Abstinenzgebot.  

Im Ergebnis begründeten wir, dass der „Fall“ meines Mandanten sich erheblich von den Fallkonstellationen, vor welchen § 6 BO PzK Patienten schützen will, unterschied, indem Patienten regelmäßig frühkindlicher Bilder auf den Therapeuten übertragen wie etwa die Abhängigkeit und Hilfsbedürftigkeit der ersten Lebensjahre; zumindest aber  strukturelles „Machtgefälle“ und Asymmetrie zwischen Behandler und Hilfesuchendem. (Vgl. hierzu bspw. etwa das Urteil des VG Münster (3. Kammer des Berufsgerichts für Heilberufe beim VG Münster), Urteil vom 11.09.2013 - 17 K 2564/11.T; BeckRS 2014, 49042).   

In diesem Kontext führt etwa Johannes Schopohl, Psychotherapeutenkammer Hamburg vom 25. April 2018, Abstinenz in der Psychotherapie, Seite 18 zur Natur und Inhalt des Abstinenzgebots aus: „… erfordert das [Abstinenzgebot] insbesondere, dass der Therapeut während der Dauer der Therapie eine professionelle Distanz zu seinen Patienten wahrt. Dieses Gebot verbietet Therapeuten nicht, sich in eine Patientin oder einen Patienten zu verlieben. Es verlang ihnen aber, solange die therapeutische Beziehung andauert, ab, ihre eigenen Gefühle für ihre Patienten jederzeit zu reflektieren, diese professionell zu managen sowie sie nur in einem aus therapeutischen Zwecken erforderlichen Ausmaß zu offenbaren und dieses in einem ausschließlich nach therapeutischen Erfordernissen ausgestalteten Kontext zu tun.“ 

Der Erfolg: Ärztlicher Bezirksverband beließ es bei einer Rüge 

Nach Alledem erteilte der Vorstand des Ärztlichen Bezirksverbandes Niederbayern aufgrund entsprechenden Beschlusses als berufsordnungsrechtliche Maßnahme einen Rügebescheid gern. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 HKaG wegen Verletzung seiner Berufspflichten nach § 2 Abs. 2 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns (BO). Von der Beantragung eines berufsgerichtlichen Verfahrens gegen meinen Mandanten sah er indes ab. 

Zur Begründung führte er aus, mein Mandant habe als Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie die labile Persönlichkeit der vormaligen Patientin, die Ihnen durch die jahrelangen Sitzungen bekannt war, ausgenutzt. Damit habe er entgegen § 2 Abs. 2 BO seinen Beruf nicht mehr gewissenhaft ausgeübt und dem ihm bei seiner Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen entsprochen; er habe sein ärztliches Handeln nicht am Wohl des Patienten ausgerichtet. 

Insbesondere gelte zum Schutz des Patienten das Abstinenzgebot auch nach Beendigung der Behandlung, bis sich der Patient aus der therapeutischen Beziehung gelöst hat, in jedem Fall aber mindestens ein Jahr nach Behandlungsende. Daneben gelten die Vorgaben der Berufsordnung dem Ansehen des Berufsstandes in der Öffentlichkeit und dem Schutz des Vertrauens der Bevölkerung in die Integrität und die Zuverlässigkeit des Berufsstandes.  

Gleichzeitig und aufgrund unseres Vorbringens hielt der Vorstand des Ärztlichen Bezirksverbandes Niederbayern es aufgrund der hier nur als sehr gering zu bewertenden Schuld meines Mandanten für nicht erforderlich, Antrag auf Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens gegen meinen Mandanten zu stellen. Entsprechend verblieb es bei dem Rügebescheid.  

Die Rüge kann gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 HKaG mit einer Geldbuße bis fünftausend Euro die zugunsten sozialer Einrichtungen der Kammer zu zahlen ist, verbunden werden. Gegen einen Rügebescheid kann binnen eines Monats nach Zustellung Beschwerde zum Vorstand der Landesärztekammer eingelegt werden.

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